Ladenburger Zeitung, 28.04.2023

Partnerschaftsvereine aus der Region appellieren, die Partner in der Krisenregion Burkina Faso weiterhin zu unterstützen / Jeder gespendete Euro wird zielgerecht eingesetzt

In der Metropolregion gibt es vier Partnerschaftsvereine, die eine Partnerschaft mit einer Präfektur in Burkina Faso haben. In dem Binnenstaat in Westafrika leben 40 % der Menschen unterhalb der Armutsgrenze. Der Viernheimer Verein Fokus, der Brühler Partnerschaftsverein Dourtenga und der Ladenburger Garango-Verein sind wichtige Akteure der offiziellen Städtepartnerschaften, die in den drei Kommunen vor rund 30 Jahren entstanden sind. Der Birkenauer Verein Imasgo pflegt die Partnerschaft auf kirchlicher Basis zwischen den beiden Pfarrgemeinden.

Die Verantwortlichen der Partnerschaftsvereine, aber auch die Bürgermeister Matthias Baaß (Viernheim), Ralf Göck (Brühl), Stefan Schmutz (Ladenburg) und Milan Mapplassary (Birkenau) machen sich Sorgen, weil aus dem „Land der aufrechten Menschen“ derzeit meist negative Nachrichten zu hören sind. Burkina Faso hat nämlich mit einer Reihe von Problemen zu kämpfen. Wegen der Klimaveränderungen mit immer mehr Ernteausfällen und den Folgen des Ukraine-Kriegs sind die Preise für Grundnahrungsmittel drastisch gestiegen.

Zudem hat sich in Burkina Faso ein politischer Krisenherd entwickelt, der die Bevölkerung sehr belastet. Das Land sieht sich seit Jahren dem Terror dschihadistischer Gruppen ausgesetzt. Polizei und Armee konnten bisher nur bedingt die Ordnung wiederherstellen. Große Teile des Landes sind in der Gewalt der Terrorgruppen und davon sind die vier Partnerschaftsvereine, die am vergangenen Freitag zu einer Pressekonferenz in das Viernheimer Rathaus einluden, unterschiedlich stark betroffen.

Während in der Präfektur Garango das Leben fast normal weiterläuft, ist die Situation in der Partnerregion Silly kaum zu kontrollieren. Die Terroristen haben sich in den Wäldern von Silly verschanzt. Es gab bei den Kämpfen bereits mehrere Opfer in der Zivilgesellschaft. Auch in Dourtenga, der Brühler Partnergemeinde, sei die Lage gefährlich, denn diese Region liegt mitten im Krisengebiet, wie die Vereinssprecherin Renate Dvorak informierte. In den Dörfern der Region Imasgo ist der Krieg noch nicht angekommen. Die kleinen Projekte mit großer Wirkung könnten hier fast uneingeschränkt fortgeführt werden, teilte Franz Stevens mit.

Das soziale Engagement der Partnerschaftsvereine ist herausragend

Mehr oder weniger haben alle vier Partnerschaftsvereine dieselben Anliegen. Die Begegnungen mit den Menschen in den Partnerregionen finden auf Augenhöhe statt. Spendengelder werden für gezielte Projekte frei gegeben. Der Ladenburger Garango-Verein betreut zum Beispiel 1.600 Patenkinder. Die Waisenkinder erhalten eine Schulausbildung finanziert und werden täglich mit einer warmen Mahlzeit versorgt. Besonders stolz ist die Vereinsvorsitzende Karola Liebrich auf das Frauenprojekt, das ihre Vorgängerin Gaby Ensink angestoßen hat.

Die Aktivitäten des Garango-Vereins begannen bereits vor 40 Jahren. Persönlichkeiten wie Klaus Kolb und Ewald Blümmel prägten den Verein. Die Ladenburger nahmen damals eine Vorreiterrolle ein, denn der damalige Bürgermeister Reinhold Schulz wollte den Weg der „Rotwein-Freundschaften“ mit Kommunen in Frankreich nicht gehen. „Wir wollen uns in Afrika sozial im Schulbau, im Gesundheitswesen, in der Berufsausbildung und in der Wasserversorgung sowie mit einem Patenschaftsprogramm engagieren“, sagte Schulz bei der Unterzeichnung der Partnerschaftsurkunde in Garango vor 40 Jahren.

Andere Kommunen wie Brühl, Viernheim und Birkenau konnten sich für diese Idee begeistern und nahmen sich das Ladenburger Modell zum Vorbild. Untereinander sind die vier Vereine, die alle ihre eigene DNA haben, seit Jahren gut vernetzt. Ihre Strategie die Partnerschaften auf eine persönliche Schiene zu setzen, hat sich jetzt ausgezahlt. Mit dem Putsch wurden nämlich auch alle Bürgermeister in Burkina Faso abgesetzt. Die Vereinsstrukturen und die Beziehungen zu den dortigen Partnerschaftskomitees und zur Zivilgesellschaft sind jedoch intakt.

Hilfe ist nötiger denn je

Es war daher das Anliegen der Partnerschaftsvereine dafür zu werben, die Menschen in Burkina Faso nicht im Stich zu lassen. „Wenn es schwierig ist, hat man für Freunde da zu sein“, brachte es Viernheims Oberbürgermeister Baaß auf den Punkt. Nicht ein Spenden-Euro geht verloren, ergänzte Alfred Schmidt vom Verein Focus, der auch die Moderation der Veranstaltung übernahm. Überlegungen von Sponsoren, Spendengelder an andere Organisationen wie zum Beispiel die Ukraine-Hilfe anzuweisen, sind zum Glück noch Ausnahmefälle, berichteten die Vereinsvertreter übereinstimmend. Die können sich auch auf die Zusagen aus den Kommunen verlassen. „Eine 40-jährige Partnerschaft verbindet und verpflichtet“, meinte Bürgermeister Schmutz im Namen der Bürgermeister. Der Gemeinderat der Römerstadt gab jüngst wegen der Hungersnot in Garango sogar Gelder frei, um den Menschen in der Partnerregion zu helfen. Wegen der unsicheren Lage sieht Brühls Bürgermeister Göck hingegen die Klimapartnerschaft mit Dourtenga in Gefahr. Die genehmigten Gelder liegen derzeit auf Eis. Insgesamt sind die Vereinsvertreter und Bürgermeister aber optimistisch, dass die Partnerschaften uneingeschränkt fortgesetzt werden können.

Alles andere als glücklich sind die Akteure mit der Rolle Deutschlands in der Afrika-Politik. „Deutschland hat in Mali versagt und jetzt lassen wir Burkina Faso fallen“, meinte Franz Stevens vom Birkenauer Verein Imasgo. Auch Viernheims Bürgermeister Baaß appellierte an die Regierung, Burkina Faso nicht aufzugeben. Vielmehr sei es angebracht, die Erfahrung der Partnerschaftsvereine anzuhören und zu nutzen, damit die hohe Politik erkennt, wie die Menschen in Burkina Faso zusammenleben. In Viernheim habe sich leider noch keiner gemeldet und Baaß befürchtet, dass dies auch so bleiben wird.